Glossar

Ein Glossar mit wichtigen Begriffen zum Thema

A - F

Antifaschismus / Antifa

Antifaschismus bezeichnet alle Bewegungen und Organisationen und Überzeugungen, die in Theorie und Praxis gegen jede Erscheinungsform von Faschismus vorgehen. Antifaschist*innen nannten sich Anfang der 1920er-Jahre in Italien die Gegner*innen des Faschismus, später taten dies auch die Gegner*innen des Nationalsozialismus (siehe Glossareintrag). Heute bezeichnet der Begriff Engagement gegen alle rechtsextremistischen Strömungen, ob nun Neonazis (Siehe Eintrag Neonazismus), Identitäre oder Neue Rechte (Siehe Glossareintrag).

Die Kurzform Antifa bezeichnete Anfang der 1930er-Jahre die Antifaschistische Aktion der Kommunistischen Partei Deutschland KPD, heute steht sie generell als Sammelbegriff für antifaschistische Gruppen und Bewegungen.

Anti-Antifa

Anti-Antifa ist eine Strömung innerhalb der rechtsextremen Szene. Anti-Antifa-Aktivist*innen kämpfen gegen vermeintliche oder tatsächliche politische Gegner*innen. Sie verbinden dabei Recherche- und Öffentlichkeitsarbeit mit gezielter Einschüchterung und gelegentlich auch organisierten gewalttätigen Angriffen, bis hin zum Mord. Bei der Recherche- und Öffentlichkeitsarbeit übernehmen sie häufig Methoden und Stil des politischen Gegners, insbesondere von antifaschistisch Engagierten.

Antijudaismus

Antijudaismus bezeichnet die christlich begründete Ablehnung von Jüd*innen wegen ihrer Religion. Die Kirchengeschichte belegt Antijudaismus seit den Anfängen, einerseits weil Juden Jesus Christus nicht als „Messias“ anerkannten und damit den Wahrheitsanspruch der Kirche in Frage stellten, aber auch um die frühchristliche Kirche stärker vom Judentum abzugrenzen.

Während im christlichen Antijudaismus mit einer Konvertierung – ob zum Christentum oder einer anderen Religion – die Vorbehalte hinfällig werden können, ist dies beim Rassen-Antisemitismus nicht möglich.

Antisemitismus

Der Begriff „Antisemitismus“ wurde um 1879 vom judenfeindlichen Journalisten Wilhelm Marr geschaffen. Er wollte den traditionellen Antijudaismus auf eine neue Basis stellen. Wie andere Judenfeinde seiner Zeit wandte er sich gegen die Emanzipation der Jüdinnen und Juden. Er behauptete, dass die Menschen jüdischen Glaubens eine fremde Rasse von „Parasiten“ seien, die erfolgreich die Ausbeutung Deutschlands betreiben würden und verknüpfte so den klassischen Antijudaismus mit  Rassevorstellungen (Siehe Eintrag Rasse).

Nach der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus ist „Antisemitismus [..] ein dauerhafter latenter Komplex feindseliger Überzeugungen gegenüber Juden als einem Kollektiv. Diese Überzeugungen äussern sich beim Einzelnen als Vorurteil, in der Kultur als Mythen, Ideologie, Folklore und in der Bildsprache, sowie in Form von individuellen oder kollektiven Handlungen – soziale oder gesetzliche Diskriminierung, politische Mobilisierung gegen Juden und als kollektive oder staatliche Gewalt –, die darauf zielen, sich von Juden als Juden zu distanzieren, sie zu vertreiben oder zu vernichten.“ 

Im Gegensatz etwa zu Vorurteilen ist diese Form der Diskriminierung von den Handlungen der einzelnen Personen losgelöst. Egal was Jüd*innen tun oder sind, Antisemit*innen legen es immer gegen sie aus. Beispiel: Reiche Jüd*innen gelten als „Blutsauger“, arme als „Schmarotzer“.

Antiziganismus

Dieser Begriff bezeichnet zum einen die Diskriminierung von Menschen aufgrund eines halb-nomadischen Lebensstils (sogenannte Fahrende), zum anderen die Diskriminierung von Menschen aus kulturellen oder ethnischen Gemeinschaften, welche mit dieser Lebensform in Verbindung gebracht werden (wie Jenische, Manouche, Roma, Sinti, etc.), unabhängig davon ob sie selbst fahrend sind. Antiziganismus verbindet somit Elemente rassistischer Diskriminierung mit traditionellen Vorstellungen über eine Volksgruppe.
Der Begriff Antiziganismus ist umstritten, weil er die abwertende Fremdbezeichnung «Zigeuner*in» beinhaltet. Er wird trotzdem von einigen Roma-Organisationen verwendet, einerseits um die rassistischen Zuschreibungen sichtbar zu machen, andererseits weil die Selbstorganisationen andere vorgeschlagene Begriffe nicht übernahmen.

Autoritarismus

Autoritarismus ist ein Sammelbegriff für verschiedene politische Systeme, die sich durch autoritäre Herrschaftsformen auszeichnen. Deren Merkmale sind dabei hierarchische Strukturen, in denen eine kleine Schicht die politische Macht sowie die umfassende Kontrolle der Gesellschaft und die gewalttätige Unterdrückung von Opposition und von politischer und gesellschaftlicher Unzufriedenheit anstrebt. Autoritarismus stellt dabei selbst keine politische Ideologie dar, sondern ist ein Merkmal verschiedener, meist hierarchischer, politischer Systeme. Nicht alle autoritären Regimes sind rechtsextrem, aber rechtsextreme Staaten sind immer autoritär.

Casa Pound

Die Casa Pound ist eine italienische neofaschistische Gruppierung. Gegründet wurde sie 2003, damals besetzten Rechtsextreme aus verschiedenen Gruppen in Rom ein leerstehendes Haus, welches sie „Casa Pound“ nannten (nach dem amerikanischen Dichter und Antisemiten Esra Pound). Sie schufen ein Kulturzentrum mit Bibliothek und Veranstaltungsräumen. Sie stellen auch Wohnraum zur Verfügung, allerdings ausschliesslich für Italiener*innen.

Casa Pound entwickelte sich bald zu einer der bedeutendsten rechtsextremen Organisation Italiens und hat deswegen für viele andere Gruppierungen eine Vorbildfunktion. Dies liegt vor allem daran, dass es den Casa-Pound-Aktivist*innen gelang, neofaschistisches Gedankengut attraktiv zu verbreiten. Zu diesem Zweck bedient sich Casa Pound einerseits politischer Aktionsformen, welche vor allem in der ausserparlamentarischen Linken verbreitet sind (wie Hausbesetzungen, Kulturveranstaltungen, aktive Arbeit in Schulen und Hochschulen, etc.). Andererseits verwenden sie bei ihrer Propaganda (etwa mittels Plakaten oder auch im Internet) eine Ästhetik, die an die Moderne des frühen 20. Jahrhunderts (Futurismus) und an die moderne Popkultur angelehnt ist.

Der Grosse Austausch

Der Ausdruck geht davon, dass Regierungen und wirtschaftliche Elite die „Auflösung“ der europäischen Stammvölker durch Immigration betreiben würden. Diese Vorstellung haben die europäisch-völkischen Identitären in den deutschsprachigen Raum eingeführt. Erstmals verwendet wurde der Ausdruck vom französischen Schriftsteller Renaud Camus, der in rechtsextremen Zusammenhängen aktiv ist.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Ein Überbegriff um verschieden Formen von Vorurteilen und Ressentiments gegenüber Bevölkerungsgruppen aufgrund von Faktoren wie deren Aussehen, Geschlecht, Religion, Herkunft, Ethnie oder sexuellen Orientierung zusammenzufassen.

Eugenik

Eugenik ist die Idee, Zucht- und Selektionsmassnahmen auch auf den Menschen anzuwenden. Das Ziel ist es, den humanen Genpool zu optimieren, indem positiv bewertete vererbliche Eigenschaften gefördert und negativ bewertete vererbliche Eigenschaften verhindert werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren eugenische Vorstellungen in westlichen Gesellschaften weit verbreitet. Viele Staaten beschlossen Massnahmen, die einerseits die Fortpflanzung von Menschen mit als besonders erstrebenswert angesehenen Eigenschaften fördern sollten, andererseits beschränkten sie die Fortpflanzung von Menschen mit als schädlich wahrgenommenen Eigenschaften – häufig physisch- oder psychisch Beeinträchtigte – und ganzer als unwert eingestufter Bevölkerungsgruppen. In der Schweiz etwa wurden über die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinaus zahlreiche Menschen zwangssterilisiert oder kastriert. Opfer wurden meist Heimbewohner*innen sowie Jenische. Unter dem Begriff „Rassenhygiene“ organisierten die Nationalsozialisten (Siehe Eintrag Nationalsozialismus) ein umfassendes Eugenik-Programm, das die organisierte Ermordung von „unwertem Leben“ einschloss.

Ethnopluralismus

Der Begriff «Ethnopluralismus» – zusammengesetzt aus dem griechischen «ethnos» (Volk) und dem lateinischen «pluralis» (Mehrzahl) – propagiert «Völkervielfalt». Er ist eine von den Neuen Rechten (Siehe Glossareintrag) entworfene Vorstellung, wonach die verschiedenen „Rassen“ oder Ethnien zwar gleichberechtigt seien, jedoch zur „Reinhaltung“ von Staaten und Gesellschaften getrennt leben müssen.
Der Begriff wurde von Exponent*innen der Neuen Rechten in Frankreich Ende der 1960er-Jahre entwickelt.

Faschismus

Der Begriff Faschismus bezeichnet einerseits die Zeit der Herrschaft der Faschistischen Partei in Italien unter dem Diktator Benito Mussolini (1922-1944). Andererseits ist er ein Obergriff für alle Bewegungen/Parteien, die nach dem Ersten Weltkrieg den demokratischen Staat ablehnten und durch ein diktatorisches System ersetzen, die Arbeiterbewegung zurückdrängen oder vernichten wollten und meist antisemitisch (Siehe Eintrag Antisemitismus) agierten. So zum Beispiel in der Schweiz die Fronten, in Deutschland die Nationalsozialistische Arbeiterpartei NSDAP, in Ungarn die Pfeilkreuzler, in Rumänien die Schwarze Garde. Faschistische Diktaturen herrschten auch in Spanien (Franquismus, 1936-1975) und Portugal (Salazar/Diktator, 1928-1974).

Faschistische Ideologien enthalten einen aggressiven Nationalismus (Siehe Glossareintrag), ein kriegerisches Männerbild (Siehe Eintrag Männer-Frauenbilder), traditionelle Geschlechterbeziehungen, autoritäre Ordnungen (Siehe Eintrag Autoritarismus) in Gesellschaft und Staat, eine Betonung von Führungsfiguren sowie Ablehnung liberaler und sozialistischer Ideen und Bewegungen.

Fremdenfeindlichkeit/Xenophobie

Fremdenfeindlichkeit bezeichnet eine ablehnende, ausgrenzende oder feindliche Haltung gegenüber Personen oder Gruppen, die als andersartig gesehen und daher als „fremd“ bezeichnet werden. Sie drückt sich vor allem als Misstrauen, Abwehr und Feindschaft gegenüber Ausländer*innen aus. (gr.: Xenos=Fremder / Phobie=Angst). Sie führt meist zu Schlechterstellung (Diskriminierung) von Ausländerinnen und Ausländern im Staat und in der Gesellschaft, wie auch in der Arbeitswelt.

G - L

Holocaust / Shoa

„Holocaust“ [griech./lat.: Brandopfer] bezeichnet die planmässig betriebene, auf völlige Ausrottung gerichtete Massenvernichtung von Menschen jüdischen Glaubens, angeordnet durch die nationalsozialistische Führung und verstärkt ausgeführt nach Beginn des Angriffskrieges gegen die Sowjet-Union (Juni 1941).

Weil der Begriff Holocaust ursprünglich für ein verbranntes, religiöses Tieropfer stand, wird er teilweise als problematisch angesehen. Aus diesem Grund wird auch in Europa vermehrt der hebräische Begriff „Shoa“ verwendet (von hebräisch: „ha’Schoah“ – Katastrophe/Unglück).

Holocaustleugnung

Holocaustleugner*innen bestreiten drei offensichtliche Sachverhalte:
erstens, dass es einen Plan zur Ermordung der europäischen Juden gegeben habe, zweitens, dass Gaskammern zur Ermordung der Opfer gebaut worden seien, drittens, dass die Zahl der durch die nationalsozialistische Judenverfolgung umgekommenen Jüdinnen und Juden mehrere Millionen Menschen betrage.

Holocaustleugner*innen behaupten, sie wollen die Geschichtsschreibung über den Zweiten Weltkrieg „revidieren“. Sie nennen sich deshalb „Revisionisten“. Einige nennen sich auch „Negationisten“, hergeleitet von französischen Wort „négationistes“ (Verleugner).
Die Leugnung des Holocausts will den Nationalsozialismus von seinem grössten Verbrechen reinwaschen und ihn dadurch wieder gesellschafts- und politikfähig machen.

Konservative Revolution

„Konservative Revolution“ ist ein Sammelbegriff für staatspolitische Vorstellungen, die den politischen Liberalismus grundsätzlich ablehnten und das Gleichheitsgebot und die demokratische Staatsordnung mit repräsentativen Parlamenten und Gewaltentrennung rückgängig machen wollten. Im Deutschland der 1920er- und 1930er-Jahre war die „Weimarer Republik“ das einigende Feindbild dieser Strömung. Ab den 1950er-Jahren diente der Begriff einerseits, einstige Vordenker von Sympathien für den nationalsozialistischen Staat zu entlasten, andererseits deren grundsätzliche Kritik am demokratischen Staat wieder in die Tagespolitik einzubringen.

M - S

Männer- und Frauenbilder

Wie Konservative vertreten Rechtsextreme – nebst traditionellen Familienvorstellungen – traditionelle Frauen- und Männerbilder. Frauen gehörten ins Haus, als Köchin, als Mutter, als Ehefrau. Männer müssten hinaus in die feindliche Welt, als Familienoberhaupt und Ernährer.

Rechtsextreme sehen sich im Kampf, sowohl gegen Migrant*innen wie auch politische Gegner*innen und damit als Kämpfer oder Soldaten. Damit verbunden ist häufig eine Abwertung sowohl als weiblich verstandener Werte als auch weiblicher und allgemein „unmännlicher“ Personen. Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechtes wird Sexismus genannt, Rechtsextremist*innen sind somit immer sexistisch.

Muslimfeindschaft / Islamophobie

In westeuropäischen Ländern agieren Diskriminierungswillige, die früher gegen Ausländer*innen Stimmung machten, seit den 1990er-Jahren vermehrt gegen Muslim*innen. Der Hinweis auf den „Islam“ diente vorerst als Verstärkung der Fremdartigkeit von Migrant*Innen. Heute richtet er sich gegen den Glauben an sich, wie auch gegen die Anwesenheit von Muslim*innen in westlichen Gesellschaften.

Islamophobe Autor*innen wie politische Parteien verdächtigen Muslime sich weder in Europa oder Nordamerika „integrieren“ zu wollen, frauenfeindlich und sexistisch zu sein, mit dem islamistischen Terrorismus zu sympathisieren und eine heimliche Agenda zur ‚Islamisierung Europas‘ zu betreiben.

Nationalismus

Nationalismus bezeichnet Weltanschauungen, die die Herstellung und Konsolidierung eines souveränen Nationalstaats und eine bewusste Identifizierung und Solidarisierung aller Mitglieder mit der Nation anstreben.
Historisch erreichten nationalistische Ideen erstmals im ausgehenden 18. Jahrhundert massenmotivierende praktische Auswirkungen, dies im Zusammenhang mit dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und der Französischen Revolution. Nationalismus kann sowohl eine Befreiungsbewegung bezeichnen wie einen Chauvinismus, der die Merkmale der eigenen ethnischen Gemeinschaft überhöht und verabsolutiert. Seit den 1970er Jahren wird der Begriff fast ausschließlich in letzterem Sinne verwendet.

Nationalsozialismus

Nationalsozialismus bezeichnet eine politische Bewegung, die in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg entstand und die 1933 die Weimarer Demokratie beendete und eine Diktatur (das Dritte Reich) errichtete. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP, gegründet 1919, verfolgte nationalistische, antisemitische, rassistische und imperialistische Ziele. Adolf Hitler, Führer der NSDAP, beschrieb sie in seinem Buch «Mein Kampf» (1925). Im Mittelpunkt seiner «Weltanschauung» steht die Idee des „arischen Herrenvolkes“, das sich aller Mittel zu bedienen hat, um sich „Lebensraum“ zu schaffen, andere (angeblich minderwertige) Völker und Nationen zu unterdrücken und die Welt von (den angeblich einzig Schuldigen) ‚den Juden‘ zu befreien. Zum »Rasse«- und »Lebensraum«-Gedanken tritt als drittes Element die radikale Ablehnung des Liberalismus und der Aufklärung wie auch der Arbeiter*innenbewegung und der sozialistischen/kommunistischen Organisationen.

Neonazismus

Neonazismus bezeichnet alle Bestrebungen, die den (historischen) Nationalsozialismus in modernisierter Form wieder in die gesellschaftliche und politische Diskussion einführen wollen, respektive sich positiv auf diesen beziehen.

Neue Rechte / Nouvelle Droite

Die „Neue Rechte“ (oder „Nouvelle Droite“) entstand in den 1960er Jahren in Frankreich. Sie umfasst verschiedene intellektuelle Zirkel, Publikationen und Verlage, die grundsätzliche, jedoch rückwärtsgewandte Kritik am demokratischen Staat wieder in die gesellschaftliche Diskussion einführen wollten. Sie distanzieren sich nach Aussen von nationalsozialistischen Vorstellungen, propagieren aber auch einen Staat, der ausschliesslich von Angehörigen des eigenen Volkes bewohnt werden soll. Sie gehen davon aus, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen nicht friedlich zusammenleben können, folglich Einwohner*innen aussereuropäischer Herkunft wie auch Muslim*innen Europa verlassen müssten.
Viele Exponent*innen engagieren sich nicht in politischen Gruppen, sondern betreiben „Metapolitik“. Sie gehen davon aus, dass neue politische Vorstellungen zuerst in der Gesellschaft anerkannt sein müssen, bevor sie sich in der Politik durchsetzen können.

Die Neue Rechte stellt aktuell die international wichtigste Strömung des Rechtsextremismus dar. Viele Parteien und Organisationen haben Teile ihres Gedankengutes übernommmen, in Europa etwa die Identitäre Bewegung und die Parteien „Alternative für Deutschland“, „Freiheitliche Partei Österreich“, die französische „Rassemblement National“ und auch Matteo Salvinis „Lega Nord“ in Italien und „Fidesz“ unter Viktor Orban in Ungarn.

T - Z

Q-Anon

Q-Anon ist eine Verschwörungsvorstellung (Siehe Eintrag Verschwörungstheorien), die nach dem Machtantritt von Donald Trump zuerst in den USA verbreitet wurde. Sie basiert auf den kryptischen Online-Posts eines angeblichen hochrangigen US-Regierungsmitarbeiters auf Messageboards unter dem Pseudonym „Q“. Zentrale Vorstellung ist, dass es einen „Deep-State“ (tiefer Staat) gäbe, welcher von liberalen Politiker*innen (insbesondere Demokrat*innen in den USA), gesellschaftlichen Eliten (insbesondere aus Hollywood) und den Massenmedien beherrscht werde. Diese sollen die Welt kontrollieren und einen internationalen Kinderschänder- und -mörderring betreiben. Angeblich soll der ehemalige US-Präsident Donald Trump zusammen mit seinen Verbündeten im Geheimen gegen diese Mächte kämpfen.

In Europa fanden „Q-Anon“-Vorstellungen vermehrt Widerhall bei Personen, welche die staatlichen Massnahmen gegen die Corona-Pandemie ablehnten.

Rasse

Das Konzept von Rassen geht davon aus, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder äusserlichen Merkmalen in klar voneinander abgrenzbare, Gruppen aufgeteilt werden können. Eine Ansicht die durch Evolutionsforschung und Genetik widerlegt wurde. 

Der Begriff ist im deutschsprachigen Raum weiterhin biologistisch geprägt, weshalb die Annahme von Rassen bereits als problematisch gilt.

Rassismus

„So gut wie niemand möchte als Rassist gelten, und dennoch behauptet sich das rassistische Denken und Handeln hartnäckig bis auf den heutigen Tag.“ (Albert Memmi).

Alle Rechtsextremist*innen sind Rassist*innen, aber nicht alle Rassist*innen sind Rechtsextreme.

Definition:
„Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“ (Albert Memmi)

Rassismus basiert darauf, dass Menschen aufgrund angenommener sozialer, religiöser, biologischer oder kultureller Unterschiede ausgegrenzt und benachteiligt werden, egal ob dies absichtlich geschieht oder nicht. Formen rassistischer Unterdrückung sind in der Gesellschaft weit verbreitet und können auch ausserhalb direkter Beziehungen zwischen Personen wirken, etwa wenn es Menschen mit slawisch klingenden Nachnamen schwerer fällt eine Lehrstelle zu finden. Solche Formen von Diskriminierung bezeichnet man heute oft als „strukturellen Rassismus“.

Rechtsextremismus

Rechtsextremismus meint alle politischen Überzeugungen oder Organisationen, die einerseits einen autoritären Staat (Siehe Eintrag Autoritarismus) und andererseits eine völkisch-homogene Gesellschaft anstreben.

Rechtsextremist*Innen orientieren sich häufig an den Vorstellungen von demokratiefeindlichen Parteien, Organisationen oder Schriften, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen die Politik in vielen Ländern prägten.

Rechtsoffen

Als rechtsoffen gelten Organisationen oder gesellschaftliche Gruppierungen, wenn diese zwar nicht in ihrer Gesamtheit dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind, aber die offensichtliche Präsenz rechtsextremer Diskurse und Akteure entweder leugnen, ignorieren oder bewusst nicht als problematisch wahrhaben wollen.

Rechtspopulismus

Rechtspopulismus wird oft als eigene Spielart rechten Denkens verstanden – zwischen akzeptierten rechten und konservativen Ansichten und „Rechtsextremismus“. Wobei sich Rechtspopulist*innen – im Gegensatz zu Rechtsextremist*innen – vom historischen Faschismus distanzieren und Demokratie als Regierungsform akzeptieren. Sie wollen aber diskriminierende Vorstellungen mit demokratischen Entscheiden durchsetzen. Beispiele sind das Minarett- und das Burkaverbot.

Das Problem dieser verbreiteten Definition ist, dass Populismus eine Form des Politisierens ist und somit keine inhaltliche oder programmatische Frage sondern eine strategische Entscheidung darstellt.

Remigration

Mit „Remigration“ meinen Rechtsextremist*innen die staatlich organisierte ‚Rückführung‘ (Ausschaffung) aller „kulturfremden“ (oftmals aussereuropäischen) Migrant*innen. Eine Forderung, die von vielen rechtsextremistischen Strömungen oder Organisationen aufgestellt wird, beispielsweise von Neonazis (Siehe Eintrag Neonazismus) oder der Neuen Rechten (Siehe Glossareintrag). Remigration bedeutet die Massenausschaffung von Menschen, die als „nicht-europäisch“ wahrgenommen werden.

Skinheads

Eine jugendliche Subkultur, entstanden Ende der 1960er-Jahre in England in der Arbeiterschicht, auch als Reaktion gegen Hippies und die linke 1968er-Studentenbewegung. Skinheads trugen Arbeitsschuhe und Jeans und liessen sich den Kopf kahl rasieren. Sie bevorzugten Ska-Musik, die Musik jamaikanischer Migrant*innen, fanden Gefallen an Bier, Fussball und Randale.

Rechtsextremismus verbreitete sich unter den Skinheads Anfang der 1980er-Jahre, als zwei kleine englische rechtsextreme Parteien in Fussballstadions Anhänger*innen zu rekrutieren versuchten. Erfolgreich bei Jan Stuart Danielson, Sänger der Punk-Band Skrewdriver. Er und seine Bandkollegen gründeten das Naziskin-Netzwerk „Blood and Honour“, das mit Musik und Konzerten das nationalsozialistische Gedankengut verbreiten will. Später gründeten Skinheads in Houston/Texas die Hammerskinheads. Sie verstehen sich als Elite der Naziskin-Bewegung und propagieren ‚Rassentrennung‘.

Nicht alle Skinheads waren mit Hinwendung zum Rechtsextremismus einverstanden. So entstanden verschiedene Strömungen, so die Oi-Skins, die unpolitisch den alten Lebensstil pflegen wollen. Die Redskins, die sich als Linke oder Kommunist*innen verstehen und die S.H.A.R.P’s. (Skinheads Against Racial Prejudice/Skinheads gegen rassistische Vorurteile).

Sozialdarwinismus

Unter Evolutionstheorie versteht man die wissenschaftliche Beschreibung der Entstehung und Veränderung der biologischen Einheiten, speziell der Arten, als Ergebnis der organismischen Evolution, das heisst eines Entwicklungsprozesses im Laufe der Erdgeschichte, der stattgefunden hat und andauert. 

Der bekannteste Evolutionstheoretiker ist der britischer Naturforscher Charles Darwin. Sozialdarwinist*innen übertragen die Evolutionstheorie auf die menschliche Gesellschaft. Sie verstehen das Prinzip «survival of the fittest“ (Überleben der am besten Angepassten) als „Überleben des Stärkeren“ – auch innerhalb der menschlichen Gesellschaft.

Sozialdarwinist*innen gehen davon aus, dass Leben ein ständiger „Kampf ums Dasein“ sei, der einerseits individuell, andererseits auch als menschliche „Rasse“ oder „Volk“ gegen andere „Rassen“ oder „Völker“ ausgefochten werden müsse. „Völker“ können und sollen ihre Fortpflanzung „optimieren“, indem sie „schlechtes Erbmaterial“ aussondern und „gutes“ fördern (Siehe Eintrag Eugenik). Der Sozialdarwinismus war als wissenschaftliche Theorie besonders vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum 2. Weltkrieg verbreitet, findet sich aber auch heute noch in rechten Diskursen.

Ultranationalismus

Journalist*innen oder Politiker*innen verwenden den Begriff „Ultranationalismus“, wenn sie über Gruppen oder Bewegungen schreiben, die militant staatliche Repräsentant*innen herausfordern und Angehörige von Minderheiten attackieren. Allerdings gibt es weder Organisationen noch Programme von Ultranationalist*innen, auch keine Politiker*innen, die sich als „Ultranationalisten“ verstanden oder verstehen.
Der Begriff wird meist dann verwendet, wenn Schreiber*innen oder Redner*innen zwar Rechtsextremismus meinen, jedoch den Begriff nicht verwenden wollen oder wenn sie nationalistische Vorstellungen von Rechtsextremen von anderen Formen des Nationalismus abgrenzen möchten.

Verschwörungstheorie

Als Verschwörungstheorie wird der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer (meist) kleinen Gruppe von Akteur*innen zu ihrem Vorteil und zum Schaden der «Anderen» mit einem als illegitim erachteten Zweck.

Der Begriff „Verschwörungstheorie“ ist umstritten, da Theorien in der Wissenschaft auf überprüfbaren Tatsachen beruhen. Deshalb wird neuerdings öfter von Verschwörungsfantasien, Verschwörungserzählungen, Verschwörungsmythen oder Verschwörungsvorstellungen gesprochen.

Die Inhalte dieser Erzählungen verändern sich, sie bleiben aber rückwärtsorientierte Kommentare zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. In ihren Anfängen richteten sich Verschwörungstheorien meist gegen Freimaurer und Illuminati, gegen Ende des 19. Jahrhunderts dann vermehrt gegen jüdische Menschen. Als neues Feindbild diente nach dem 2. Weltkrieg die „Bilderberger“, Teilnehmer*innen der jährlich stattfindenden Bilderberg-Konferenz. In esoterischen Zusammenhängen erreichte das antisemitische Werk „Geheimgesellschaften“ von Jan van Helsing in den 1990er-Jahren weite Verbreitung. Der wichtigste Grundpfeiler von Verschwörungsvorstellungen bleibt der Antisemitismus: von den Vorstellungen des „Sieg des Judentums über das Germanentum“, über die Lügen der „Protokolle der Weisen von Zion“ bis hin zur Fantasie der „jüdischen Weltverschwörung“ (heute oftmals als „Zionist Occupation Government (ZOG)“ bezeichnet).

Verschwörungserzählungen sind vermehrt verbreitet in jenen Milieus, in denen die Aufklärung und die Grundwerte einer liberalen Gesellschaft angezweifelt werden, zum Beispiel bei Monarchist*innen, Konservativen Christ*innen oder Esoteriker*innen. Rechtsextremist*innen sind besonders anfällig, da Verschwörungsfantasien eine Erklärung für den Widerspruch darstellen, weswegen sie als Angehörige einer angeblich überlegenen Gemeinschaft zugleich bedroht sind und unterdrückt werden.

Völkische Ideologie

Völkische Ideologien entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts und existieren (teilweise in veränderter Form) bis heute. Völkisches Denken beruht auf der Vorstellung, die Menschheit lasse sich in verschiedene „Völker“ einteilen, wobei als „Volk“ eine Gemeinschaft von Menschen „gleicher Abstammung“ verstanden wird, die über gemeinsame Eigenschaften verfügen (Volkscharakter). Als Schweizer*in angesehen wird nicht, wer einen Schweizer Pass besitzt, sondern wessen Vorfahren Schweizer*innen gewesen sind. Von Schweizer Rechtsextremist*innen in den Slogan gefasst: Schweizer kann man werden, Eidgenosse nicht.
Der Kampf gegen „Überfremdung“ und die „Reinhaltung“ des eigenen Volkes“ spielt – wie beim Ethnopluralismus (Siehe Glossareintrag) – in völkischen Ansichten eine zentrale Rolle.

Weisser Genozid

Die Vorstellung vom weissen Genozid geht davon aus, dass durch Immigration von Menschen aus anderen Teilen der Welt und die unterschiedliche Geburtenrate verschiedener Bevölkerungsgruppen die weisse Bevölkerung faktisch ausgelöscht würde. Der weisse Genozid wäre das Endergebnis des grossen Austauschs (Siehe Glossareintrag).